Forderung zur Behindertenpolitik an die zukünftige Bundesfraktion Bündnis 90/Die Grünen
von Ute Schnur, Sprecherin für Behindertenpolitik
Zur Bundespolitik
Der Bundesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen sollte im Bundeskanzleramt angesiedelt werden, da dieses Politikfeld eine Querschnittsaufgabe darstellt.
Zur Umsetzung der UN-Konvention
Der Kostenvorbehalt in den SGBs, wo man gepflegt wird, muss verschwinden. Keiner darf entgegen dem eigenen Willen in einem Heim wohnen müssen. Es ist kaum vorstellbar, dass der Heimaufenthalt preiswerter ist!
Hilfen zur Pflege dürfen nicht durch das Zahlen von Eigenanteilen zur Verarmung führen – sie müssen einkommensunabhängig gewährt werden.
Zu den Kranken- und Pflegekassen
Die Kassen dürfen Verordnungen der Ärzte nicht einfach ignorieren, also z.B. nicht einfach billigere Medikamente (die u. U. trotz angeblich gleicher Zusammensetzung nachteilige Auswirkungen haben) und Hilfsmittel genehmigen.
Abschaffung des dreifachen Ausfüllens von Anträgen, die sich inhaltlich nicht unterscheiden, bei Anträgen bei der Beantragung von Pflegegeld. Betroffene haben dabei das Gefühl, dass die Kassen auf Zeit setzen.
Abschaffung der zwei- bzw. mehrfachen Begutachtungen bei Beantragungen von Hilfsmitteln und Pflegeleistungen. Die Personalkosten könnten anderweitig ausgegeben werden.
Die Gutachter müssen unabhängig von den Kassen sein. Als KlientIn hat man oft den Eindruck, dass die derzeitigen Gutachter meist versuchen, erst einmal zugunsten der Kassen zu entscheiden. Wie es die Behindertenverbände schon lange fordern, müssen es Fachleute sein – am besten Betroffene. Sie können eher einschätzen, was der/die Antragstellende für Hilfen braucht.
Auch hier darf es kein Kostenvorbehalt geben! SeniorInnen und Menschen mit Behinderungen sollen leben können, wo sie wollen. Hilfen zur Pflege dürfen das Zahlen von Eigenanteilen nicht zur Verarmung führen – sie müssen einkommensunabhängig gewährt werden.
Es müsste eine unabhängige Beratung und unterstützte Entscheidungsfindung für die Unterbringung und medikamentöse Behandlung für psychisch Geschädigte installiert werden. Vorbild könnte die Region Skane in Schweden sein, wo es eine persönliche Ombudsperson gibt.
Sparen ist notwendig, aber nicht zu Ungunsten der Klientel. Eine Bürgerversicherung wäre notwendig. Die über 150 Krankenkassen und 17 kassenärztlichen Vereinigungen verschlingen jede Menge Verwaltungskosten, die der Klientel zugute kommen könnten.
Das Ziel des Gesundheitswesens muss nicht ausschließlich in der „Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit“ bestehen. Das Ziel müsste sein, den Menschen solange wie möglich ein selbstständiges und würdiges Leben zu ermöglichen. Nichtarbeitende Menschen mit Behinderungen (egal welchen Alters) dürfen nicht benachteiligt werden.
In Anbetracht der immer knapper werdenden öffentlichen Mittel muss überlegt werden, wie schultherapeutische Unterstützung (eine Pflichtaufgabe des Staates) in allen Bundesländern verstetigt werden kann. Das Berliner Modell wäre ein positives Beispiel, das bundesweit durchgesetzt werden muss. Hier sind die TherapeutInnen in den Schulbetrieb integriert und werden von der Kommune bezahlt.
Die Integration schwerbehinderter Menschen in das Berufsleben ist ebenfalls eine wichtige Forderung der Betroffenen. Vor allem die Integration in den 1. Arbeitsmarkt ist hier vorrangig. Die behinderten Menschen können in den Behindertenwerkstätten nur sehr geringe Rentenansprüche erarbeiten.
Die heutigen Medien müssten noch stärker eingesetzt werden, um Menschen mit Behinderungen bessere Bedingungen zu bieten, am Berufsleben teilzuhaben. So hätten sie die Möglichkeit ihren Rentenanspruch zu erarbeiten.
Es muss mehr Barrierefreiheit im öffentlichen Raum und im Nah- und Fernverkehr geschaffen werden. Leider haben internationale Züge und die Flugzeuge oftmals zu hohe Barrieren (z.B. zu kleine WC-Bereiche).
In den Studiengängen für Architektur und Design muss ein Fach Barrierefreiheit zur Pflicht werden. Gebäude, Verkehrsmittel, Verpackungen und Alltagsgegenstände sind oft nicht von Senioren und Menschen mit Handicaps zu gebrauchen.