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Antwort auf die Kleine Anfrage – Nr. 0656/V
vom 30.11.2005 (Nilson Kirchner)
In Beantwortung Ihrer kleinen Anfrage vom 30.11.2005 teile ich Ihnen folgendes mit:
1.Welche Verträge zwischen der Verwaltung des Jugendamtes und freien Trägern der Kinder- und Jugendhilfe bestehen derzeit? (bitte Angaben mit Laufzeit, Inhalten und Verbindlichkeiten ergänzen)
Zwischen der Verwaltung des Jugendamtes Pankow und freien Trägern bestehen im angefragten Bereich (Hilfen zur Erziehung) keine Verträge.
Hier gilt auf Grundlage des § 78 f SGB VIII (Rahmenvertrag), dass das Land Berlin als Träger der öffentlichen Jugendhilfe, vertreten durch die Senatsverwaltung für Jugend, Schule und Bildung (Sen Jug) mit den freien Trägern Vereinbarungen abschließt. In dem Berliner Rahmenvertrag sind sowohl stationäre als auch ambulante Hilfen zur Erziehung einbezogen worden. Es gelten die Vorschriften des § 78 b SGB VIII (Voraussetzungen für die Übernahme des Leistungsentgelts) zur Qualitätsentwicklung auf Ebene des Trägervertrages für alle Hilfebereiche.
Hinsichtlich der Inobhutnahme gem. § 42 SGB VIII bestehen mit 2 Trägern Vereinbarungen zur Sicherstellung der genannten Leistung im Auftrag des Jugendamtes Pankow.
Diese Vereinbarungen sind mit Casablanca gGmbH für Kinder von 0 bis unter 14 Jahren sowie mit Pfefferwerk gGmbH für junge Menschen von 14 bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres geschlossen worden, Laufzeit beträgt jeweils ein Jahr, die Vereinbarung kann 3 Monate vor Monatsende bzw. jeweils vor Beginn des 4. Quartals zu einem Jahresende hin gekündigt werden. Inhalt der Vereinbarungen sind die Koordination im Rahmen der Inobhutnahme für die jeweilige Zielgruppe und die Gewährleistung der Aufnahme eines jungen Menschen in das jeweils vom Träger zur Verfügung gestellte Objekt bzw. der weiteren Vermittlung in eine kooperierende Einrichtung im Bedarfsfall. Nicht vereinbart sind hier Belegungssicherheiten, da sie sich für dieses Leistungsspektrum nicht garantieren lassen.
2. Welche Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe sind damit gebunden?
Mit Beantwortung dieser Anfrage 1 entfällt die Antwort auf Frage 2.
3. Wo sieht die Verwaltung des Jugendamtes die Bedarfe in den kommenden Jahren und die derzeitigen größten Defizite bei der Versorgung von Kindern und Jugendlichen bzw. ihren Familien mit Leistungen der Jugendhilfe?
Die Antwort auf Frage 3 bezieht sich ausschließlich auf den in der Überschrift benannten Bereich der Hilfen zur Erziehung und nicht insgesamt auf Leistungen der Jugendhilfe wie in der Frage ausgedrückt. Die Verwaltung des Jugendamtes sieht die Überschrift als den grundsätzlichen Fragehintergrund.
Primärer Ansatz im Rahmen der HzE ist der Erhalt der Familie, soweit keine familienersetzende Hilfe geleistet werden muss. In diesem Kontext sieht das Jugendamt einen zunehmenden Bedarf im Ausbau von flexiblen Hilfesettings in Krisensituationen zur Vermeidung einer (längerfristigen) stationären Hilfe zur Erziehung. Entsprechend dieses Anliegens sind auf Grundlage von Projektskizzen Angebote von Leistungsanbietern in der AG gem. § 78 SGB VIII „Leistungen und Hilfen zur Erziehung im Bezirk Pankow“ zu einer „ambulanten aufsuchenden Krisenintervention“ sowie aktuell zu einer „aufsuchenden Leistung bzw. Tandemleistung bei sich abzeichnender stationärer Unterbringung“ und „zur familiären Bereitschaftsbetreuung“ aufgerufen worden.
4. Was passiert, wenn der Bezirk Leistungen nicht binden kann?
Das Jugendamt bindet keine Leistungen im Bereich der Hilfen zur Erziehung. Auf Basis der gem. §78 b SGB VIII abgeschlosse-nen Trägerverträge zwischen Sen Jug und den jeweiligen Leistungsanbietern nimmt das JA bei entsprechender individueller Bedarfslage Beauftragungen von einzelnen Leistungsanbietern vor.
Ausgenommen sind die o.g. Maßnahmen gem. § 42 SGB VIII, welche keine Hilfen zur Erziehung sind.
Für den Bereich HzE gibt es in Einzelfällen Schwierigkeiten, die notwendige Leistung innerhalb des Landes Berlins und der näheren Umgebung für junge Menschen vorzufinden. Das Jugendamt Pankow belegt insbesondere in diesen wenigen Einzelfällen geeignete Einrichtungen in anderen Bundesländern oder im Ausland. Das bezieht sich jedoch auf so spezifische Angebote deren Aufbau in der Stadt bzw. der Nahregion gegenwärtig nicht zwingend ist, bzw. auf Fälle, in denen eine Leistung entfernt vom Lebensmittelpunkt des jungen Menschen zum Zeitpunkt des erkannten Bedarfes der HzE fachlich zwingend erscheint.
5. Welche Kriterien für die Vergabe von Leistungen müssen die Leistungserbringer erfüllen? Wie werden diese regelmäßig überprüft und kontrolliert?
Die zugrundeliegenden Kriterien ergeben sich aus dem angedachten/überlegten Leistungszuschnitt und sind immer orientiert an den zur Zeit bestehenden Leistungsbeschreibungen im Land Berlin. Weitere Kriterien sind langjährige Erfahrungen im Bereich der Hilfen zur Erziehung, Kenntnisse über die Planungsräume des Bezirkes sowie der im Bereich des JA und von freien Trägern bestehenden sozialen Dienstleistungsangebote (Intention von Vernetzung und Ressourcennutzung). Auch wird eine Beteiligung von mehreren Leistungsanbietern an solchen Projekten angestrebt. Die Leistungserbringer müssen für eine Vergabe eines Auftrags durch das JA Pankow mit Sen Jug einen Trägervertrag abgeschlossen haben, dieser beinhaltet eine Leistungs-, eine Entgelt- sowie eine Qualitätsentwicklungsvereinbarung. Letztere enthält die für die Leistung wesentlichen Schlüsselprozesse sowie Kriterien der quantitativen und qualitativen Bewertung der Struktur-, Prozess- und Ergebnisqualität (s. hierzu Anlage B des BRVJ vom 5. Mai 2003). Die Überprüfung der Qualität soll im Dialog zwischen den o.g. Beteiligten erprobt werden. Hierzu sollen die örtlichen Jugendämter, in denen die Leistungsanbieter schwerpunktmäßig arbeiten, hinzugezogen werden.
Im JA finden im Jahresverlauf mit den hauptsächlich beauftragten Leistungserbringern in den Hilfen zur Erziehung ausführliche Gespräche statt, in denen die Kooperation, generelle Aspekte der Verläufe sowie die flexible Gestaltung von Hilfesettings etc. reflektiert werden. Im Rahmen der mindestens 3x pro Jahr schriftlich erfolgenden Evaluation eines Hilfeprozesses durch die Leistungserbringer findet eine zeitnahe Auswertung des Hilfeverlaufs und der von dem Lei-stungsanbieter erbrachten Tätigkeit statt.
Darüber hinaus findet ein fachlicher Austausch im Rahmen der o.g. AG § 78 statt sowie insbesondere eine intensive Erörterung von spezifischen Fragen im Zusammenhang mit der Erbringung von Hilfeleistungen in den einzelnen Unterar-beitsgruppen der AG § 78 (hier bspw. U-AG stationäre Hilfen und U-AG Krise) statt, an denen sowohl der öffentliche Träger als auch die anderen Leistungserbringer beteiligt sind.
Um die Differenziertheit der Entwicklung von Leistungsange-boten gemeinsam mit freien Trägern im HzE Bereich darzustellen, werden 2 Beispiele benannt:
a) In der Projektgruppe der „ambulanten aufsuchenden Krisenintervention“ sind bspw. 5 Träger beteiligt, um die geforderte Bereitschaft zum ad hoc Einsatz an 5 Tagen in der Woche sicherzustellen.
Es handelt sich hierbei um Projekte mit einer Laufzeit von zunächst einem Jahr, in diesem Zeitraum sollen Erfahrungen mit dem neu entwickelten Instrument gesammelt werden und sind anschließend Folgerungen zu ziehen. Die Leistungsanbieter erbringen diese neu konzipierte Leistung bei Nachfrage ergänzend zu ihrem bisherigen Leistungsangebot.
Es handelt sich hierbei um eine aus der Praxis heraus mit den Leistungsanbietern vereinbarte Flexibilisierung einer HzE, die im einzelnen Bedarfsfall nachgefragt wird, ein Leistungsauftrag mit vereinbartem Entgelt wird nicht ausgereicht, vielmehr ein flexibler Maßanzug für einen Einzelfall gestaltet.
b) Hiervon zu unterscheiden ist das ganz aktuell in der o.g. AG § 78 am 30. November 2005 vorgestellte Projekt einer „familiären Bereitschaftsbetreuung“. Im Rahmen dieses Projektes soll ein Auftrag ausgereicht werden, dessen Finanzierung aufgrund eines Stand by-Status für eine ad hoc-Aufnahme von bis zu 2 Kindern bei geplanten 2 familiären Betreuungssettings für ein Jahr fortlaufend gegenüber dem/n (zukünftigen) Leistungserbringer/n sichergestellt werden muss. Zu den Kriterien der Auswahl von Leistungsanbietern und dem Entscheidungsprozeß wird es eine Darstellung im KJHA geben.
6. Wie ist das Verfahren für die Ausschreibungen, die Auswahl und die Vergabe in der Verwaltung des Jugendamtes geregelt?
Mit Beantwortung dieser Anfrage entfällt die Antwort auf Frage 6, da es sich bei den Leistungen der HzE, wie dargestellt, nicht um ein Ausschreibungs- sondern ein Hilfeplanverfahren nach SGB VIII § 36 handelt.
7. Warum ist der KJHA bisher nicht bei der Auswahl und Vergabe dieser Leistungen beteiligt worden?
Da wie in der Beantwortung der Anfrage dargestellt, keine Leistung im Sinne einer Vergabe- oder Ausschreibungspraxis vergeben wird, sondern ein umfangreicher Aushandlungsprozess zwischen den Mitarbeitern des Jugendamtes, den jungen Menschen und den Personensorgeberechtigten und nicht zu letzt zwischen den Vertretern der Träger, die für die Leistung ausgewählt werden und durch den jungen Menschen/Personensorgeberechtigten anerkannt werden müssen, ist der Kinder- und Jugendhilfeausschuss in das Auswahlverfahren (SGB VIII § 36 Hilfeplanverfahren) durch den Gesetzgeber nicht eingebunden. Dem steht auch der Datenschutz entgegen, da es sich bei den HzE immer um Leistungen des Einzelfalls handelt.
Christine Keil
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