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Gastbeitrag von Bettina Jarasch, , Landesvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen und Mitglied im Bundesvorstand
Sicherheit und Freiheit, Wohlstand und Gerechtigkeit, diese Verheißungen suchen die vielen Menschen auf der Flucht. Können wir ihnen dies geben – obwohl es gleichzeitig immer mehr Menschen in Deutschland gibt, die abgehängt sind und sich fragen, wie sie im Alter über die Runden kommen sollen? Wir haben unseren bundesweiten grünen Gerechtigkeitskongress vergangene Woche unter das Motto gestellt: Es ist genug für alle da! Ich bin überzeugt davon, dass das stimmt – wenn wir es endlich hinbekommen, Chancen, Einkommen und Vermögen gerechter zu verteilen.
Armut und Benachteiligung werden in Deutschland vor allem vererbt, genau wie Reichtum und Privilegierung. Wir haben rechnerisch eines der höchsten Pro-Kopf-Einkommen der Welt – und gleichzeitig hat die ärmere Hälfte der Bevölkerung praktisch überhaupt kein Vermögen und keine private Absicherung. Die Ungleichheit bestimmt mittlerweile auch immer stärker die Lebenschancen: nur ein Prozent der Kinder aus einem Arbeiterhaushalt nimmt ein Studium auf. Die Herkunft, aber auch Einkommen und Vermögen der Eltern bestimmen zunehmend, was aus den Kindern wird. Und das kann sich keine Demokratie auf Dauer leisten. Demokratie lebt von dem Versprechen, dass man sein Schicksal selbst in die Hand nehmen kann und dass die eigene Leistung zählt. Demokratie braucht Chancen-Gerechtigkeit.
Dafür werden wir Geld brauchen und das heißt konkret: auch eine gerechtere Vermögensbesteuerung. Aber nicht, um die Reichen ärmer zu machen – das hilft niemandem, der sich seine Miete nicht mehr leisten kann oder der einen Job nicht bekommt, weil er sich all die unbezahlten Praktika und Auslandsaufenthalte nicht leisten konnte, die erwartet werden. Die eigentliche Herausforderung ist: wie schaffen wir Chancen, wie sorgen wir für soziale Sicherheit – und: wie machen wir die Armen reicher!
Für Berlin heißt das: gute Bildung und der Kampf gegen Kinderarmut stehen bei uns oben auf der Agenda. Prekäre Jobs soll es nicht mehr geben – erst recht nicht im öffentlichen Auftrag. Deshalb werden wir mehr unbefristete Stellen in der Wissenschaft schaffen, und Mindesthonorare für Künstler und Kulturschaffende einführen. Alleinerziehende unterstützen wir durch ergänzende Kinderbetreuung, aber auch durch bessere Begleitung beim Wiedereinstieg in den Beruf. Wir werden alle Register ziehen, um die Mieten zu stabilisieren und wir werden durch Neubau, Ankauf und durch langfristige Belegungsbindungen mehr Sozialwohnungen und bezahlbaren Wohnraum schaffen.
Auf Bezirksebene gibt es nur wenige Werkzeuge gegen Verdrängung. Mit den sozialen Erhaltungsgebieten verhindern wir in Pankow erfolgreich Luxussanierungen – und haben auch anderen Bezirken Mut gemacht, diesen Weg zu gehen. Wir haben aus Pankow heraus lange für das Verbot von Ferienwohnungen als Landesgesetz gekämpft. Jetzt ist es gerichtlich gesichert und muss durch das Bezirksamt konsequent umgesetzt werden.
Gegen Benachteiligung und für sozialen Zusammenhalt setzen sich viele Pankower*innen auch ganz persönlich ein, indem sie sich ehrenamtlich um Geflüchtete, Hochbetagte oder Kinder kümmern. Dieses Ehrenamt möchten wir stärken, auch finanziell. Auch deshalb kämpfen wir seit langem für eine Ombudsstelle im JobCenter.
Bei all dem, was wir selbst für mehr Gerechtigkeit tun, möchten wir aber zuallererst jedem Menschen die Möglichkeit geben, selbst für ihre oder seine Belange einzutreten. Im politischen Leben Pankows bietet die BVV viele Möglichkeiten, sich einzumischen. Die BVV-Tagung zu seniorenpolitischen Themen findet einmal im Jahr statt und wird vor allem von den Senior*innen und der Senior*innenvertretung gestaltet. Die Migrant*innenselbstorganisation berät und vernetzt Migrant*innen verschiedenster Herkunft und vertritt sie gegenüber der Politik. Alle Pankower Bürger*innen können ihre eigenen Anträge in der BVV stellen, wie in jedem Bezirk. Doch die Hürden sind mit 1.000 Unterstützer*innen recht hoch. Deshalb gibt es in Pankow die Möglichkeit, einen Antrag Mithilfe einer oder eines Bezirksverordneten einzureichen, die das stellvertretend tun.
„Genug für alle“ heißt vor Ort eben auch: alle Menschen ernstnehmen und allen die Chance geben, mitzuentscheiden.
Bettina Jarasch, Landesvorsitzende Bündnis 90/Die Grünen und Mitglied im Bundesvorstand
Bezirksverordnete:
Bürgerdeputierte:
Monatliche Nachrichten zu unserer Arbeit in der BVV und anderen Aktivitäten in Pankow